Live Review: 2006-11-18 Kiel, Weltruf

Maximilian Hecker – Melancholie pur im Weltruf

back Im Vorfeld ranken sich allerlei Gerüchte: Man habe gehört, Maximilian Hecker würde Konzerte gerne einfach mal mitten im Song abbrechen, wenn irgendjemand im Publikum sich eine Zigarette anzündet. Oder redet. Und man munkelt, der Berliner würde weder "Hallo" noch "Danke" noch irgend ein Wort sagen zwischen seinen Liedern. Urbane Legenden! Am Samstagabend im weltruf brillierte der 29-Jährige mit seinen gefühlvollen Songs und zeigte, dass er nicht (mehr) die Diva ist, zu der er gerüchteweise gemacht wurde.

Den Auftakt im leider nicht prall gefüllten Club in der Langen Reihe macht ein Herr, der in seinem Leben – so wird es einem ziemlich schnell klar – schon allerhand gesehen und noch viel mehr erlebt hat: Jeffrey Hayes, 37-jähriger Singer/Songwriter aus New Jersey, gilt mittlerweile trotz seines Alters als Ziehsohn von Maximilian Hecker, welcher dessen drittes, aktuelles Album "Songs for Squirrels" selbst produziert hat. Mit Gitarre in der Hand und einer äußerst dunklen Stimme – welch schöner Kontrast zum Hauptact – singt uns Hayes schwermütige Lieder, die aber immer auch mehr als nur einen kleinen Funken Hoffnung schimmern lassen. Der seit 1998 in München lebende Musiker überzeugt zudem an der Mundharmonika und wird auf den letzten Songs vom späteren "Hecker-Sidekick" Johannes Feige begleitet. Zum Abschluss gibt es mit "All Tomorrow's Parties" noch ein wunderschönes Cover des Velvet Underground-Klassikers, ehe sich der Sänger ein letztes Mal beim tatsächlich äußerst aufmerksamen und respektvollen Publikum bedankt.

Es dauert keine zehn Minuten, bis dann Maximilian Hecker die weltruf-Bühne betritt. Auch Johannes Feige nimmt wieder "auf halber Treppe" Platz und führt während der folgenden 75 Minuten allerlei für die meisten Zuschauer sehr verstörende Dialoge mit seinem Maestro. Maximilian Hecker wirkt dabei die ganze Zeit keinesfalls so verschlossen wie zu seiner Anfangszeit, als er – zumindest gerüchteweise – seine Songs mit geschlossenen Augen oder gar mit einem Handtuch vorm Gesicht darbot. Die zumeist scherzhaften Dialoge im weltruf werden dabei stets abgeschlossen mit überleitenden Sätzen wie "Jetzt kommt eine gefühlvolle Ballade" oder "Der nächste Song ist was fürs Herz" – was auch sonst?

Denn dass Hecker berüchtigt ist für seine mindestens melancholischen, meistens tieftraurigen Liebeslieder, weiß bereits jeder hier Anwesende. Zumeist am elektrischen Klavier, manchmal aber auch an der akustischen Gitarre, bietet Maximilian den Zuschauern vor allem die Songs seines aktuellen Albums "I’ll be a Virgin, I’ll be a Mountain". Auf seine unglaubliche Kopfstimme verzichtet er dabei – wie schon auf dem Longplayer – desöfteren, doch auch in seiner "normalen" Bruststimme bringt der Sänger genügend Gefühle rüber, die die überwiegend weiblichen Fans dahinschmelzen lassen. Besonders auch die kongeniale Gitarrenbegleitung von Johannes Feige verleiht den Songs eine künstlerische Tiefe, die den Albumversionen sehr nahe kommen.

Den ersten drei Alben wird leider nur selten gehuldigt, mit "Over", "Kate Moss" und "Summer Days in Bloom" gelingt dem 29-Jährigen hier aber zumindest eine gute Auswahl. Zum Ende hin folgt dann quasi Hit auf Hit: Zunächst beweist Johannes Feige bei der aktuellen Single "Silly Lily, funny Bunny" bei der zweiten Stimme erneut, was für eine Bereicherung er für das Hecker'sche Musikuniversum ist, dann folgen mit dem Titelsong des aktuellen Albums und dem Opener "Snow White" der perfekte Schlusspunkt – fürs Erste. Denn nach frenetischem Jubel holt Maximilian noch einmal tief aus: Beim Bob Dylan Cover "I want you" zeigt er seine fast schon rockige Seite, und beim allerletzten Stück darf dann der mit nach Kiel gereiste Tourdrummer Nikolai Ziel doch noch auf die Bühne: Am Glockenspiel versüßt er das zarte "Feel like Children", das letztlich noch einmal alle Stärken des Maximilian Hecker in vier Minuten aufzeigt.

Nächste Woche geht's für den Sänger übrigens zunächst nach Frankreich und anschließend nach Taiwan und Südkorea – dort ist er längst ein gefeierter Star. Vielleicht wird es in Deutschland auch noch irgendwann einmal etwas mit den größeren Hallen. So lange aber freuen wir uns, dass er uns in kleinen, gemütlichen Clubs wie eben dem weltruf die Ehre erweist.