Live Review: 2009-04-02 Berlin, Lido

CRYSTAL METH UND GRÜNER TEE
Maximilian Hecker zeigt im Lido neue Seiten

back Vielleicht hat sich Maximilian Hecker für einen Moment lang nach Hongkong gesehnt, als er im Lido auf die Bühne trat. Das Gesicht hinter einer Elvis-Gummimaske verpackt und die Finger zum Victory-Zeichen erhoben, blickte er auf einen nur halb gefüllten Saal herab. Rund 150 Menschen waren gekommen, um den Tourauftakt und die Release seines fünften Albums "One Day" mitzuerleben. In China hingegen ist der Songwriter gewohnt, vor mehreren tausend Menschen aufzutreten. Doch selbst wenn die Besucherzahlen ernüchternd waren, Heckers Laune erschütterten sie nicht.

Normalerweise gilt der Wahlberliner, der seine Karriere als Straßenmusikant am Hackeschen Markt begann, als arrogant und wortkarg. Selten ist mehr als eine Zugabe bei ihm drin. Ganz anders jedoch an diesem Abend. Noch mit der Gummimaske auf dem Kopf eröffnete er den Abend am E-Piano mit einer eigenen Version von Bob Dylans "Mr. Tambourine Man". Als er daraufhin seine Gitarre griff und die ersten Songs des neuen Album spielte, sah erst alles danach aus, als würde es einer dieser typischen Hecker-Abende. Keine Zwischenkommentare und ein Schwall schmusiger Herzschmerz-Indie-Songs, die man böse auch weichgespült nennen könnte. Doch nach der Darbietung der extrem ruhigen Singleauskopplung "Miss Underwater" kam Hecker aus der Deckung.

Bis dahin hatte sich das Publikum kaum bewegt. Der sanften Note der Musik entsprechend befanden sich hauptsächlich Pärchen im Saal, die sacht ihre Köpfe aneinander schmiegten - und auf die Bühne starrten. Selbst der Applaus fiel verhalten aus. "Ich vergesse zwischendurch immer, dass ich auf einem Konzert bin", ließ Hecker seine Zuhörer schließlich wissen. "Ich denke immer, ich wäre unter der Dusche", er stockte, überlegte, lächelte "auf einem Hocker." Und endlich lachten die ersten Gäste, das Eis begann zu brechen.

Nun zog auch das Tempo der Songs an und gipfelte im lautstark krachenden "Cold Wind Blowing" vom ersten Album "Infinite Love Songs". Die Band, allen voran Johannes Feige an der elektrischen Gitarre, der sichtlich Spaß hatte, ein paar Rückkopplungen durch die Verstärker zu jagen, verausgabte sich, und der Saal dankte es mit allgemeiner Regung. "Ich bin richtig gut drauf, das wollte ich nur mal mitteilen", strahlte Hecker danach. Kurz darauf verfiel er gänzlich ins Plaudern, als er, allein auf der Bühne, Robbie Williams' "Misunderstood" coverte: "Meine Eltern haben mich heute hierher gefahren. Ich habe Ausgang", da merkte er den Versprecher, "Auslauf bis elf Uhr ... Morgens. Ihr wisst schon, Bar25 und so. Da habe ich mal Crystal Meth, Exstasy und ... grünen Tee zusammen genommen. Das ist besser als Sex! Wirklich. Wenn man so wie ich Single ist ... da kommt man ja nur viermal im Jahr zum Zug." Das Publikum johlte.

Maximilian Hecker bewies an diesem Abend, dass er neben seinem musikalischen Talent und der tadellosen Stimme auch eine Menge Humor besitzt. Und zum Schluss des Konzertes, dass er sogar drei Zugaben spielen kann.