Schmerz, lass nach!

Maximilian Hecker hat es nicht leicht. Der 32-jährige Wahlberliner bestreitet seit zehn Jahren eine Karriere mit Schwere hinsichtlich der Vertonung von Weltschmerz und Liebesleid.

Ohne ironischen Bruch, dafür mit einer anfänglich als beinahe wienerisch zu bezeichnenden Sehnsucht nach der Erlösung im Jenseits, erkannte man in Hecker schon früh den Ambros vom Prenzlauer Berg. Stichwort "Heit drah i mi ham": "And today / I will kill myself / And today / My heart will stop running."

Gegen den inneren Narziss

Damit nicht genug, stürzte der Barde vor zwei Jahren in ein künstlerisches Tief. Trotz seines Siegeszuges durch die Milchschaumstuben gentrifizierter Großstadtgegenden und seiner Rolle als Popstar im asiatischen Raum fühlte sich Hecker leer. Der vormals um Perfektionismus Bemühte konnte seine betont gefühligen Lieder nicht mehr spüren; um sich von seinen Zwängen zu lösen, nahm er sein am Freitag erscheinendes Album "I Am Nothing But Emotion..." bewusst unsauber auf. Er wurde ganz Gefühl. Und er arbeitete dem inneren Narziss entgegen, indem er im Jogginganzug flanierte und sich dem Bartwildwuchs hingab.

Im Wiener WUK sang Hecker, noch ehe die Tore zum Saal aufgingen. Einsam und allein wurde er am Flügel eins mit den Tönen. Befreit vom Zierrat der Pop-Produktion, atmete zwar noch immer ein prätentiöser Geist aus dem ätherischen Liedgut, doch erwies sich Hecker aufs Äußerste reduziert als Meister seines Faches. Er ist der König von Harmonia, wo Kitsch und Pathos einander die Hände reichen und stets eine Königin der Nacht lauert, um Welten zum Einsturz zu bringen. Hecker spielte piano bis pianissimo, um sein säuselndes Falsett zärtlich zu umgarnen. Und sein sitzendes Publikum mit gut abgehangenen Stücken wie "Snow White" und "Kate Moss" und neuem Material von "No One’s Child" bis "Nana" in wohligen Schlummer zu versetzen.

Schließlich witzelte der Sänger und beschwor das bald anstehende Wochenende. Ein ironischer Bruch also. Ohne ihn hätte selbst Hecker diesen Abend nicht überstanden.