back Erklär uns bitte den Album-Titel "I’ll Be A Virgin, I’ll Be A Mountain".

Jungfrau und Berg stehen für Reinheit und Ewigkeit. Zwei Metaphern für das, was ich auf vorigen Alben mit Narkose, Wahnsinn, Tod umschrieben habe.

Klingt nach Todessehnsucht …

Ich meine damit einen außerweltlichen Zustand, einen Zustand von Frieden, ewiger Ruhe, den man durchaus assoziieren könnte mit einem Nachtod-Zustand. Ich will nicht für den Tod werben. Das ist eine Frage der Kultur: Es gibt Kulturen, die den Tod als Übergang in eine immaterielle Welt ansehen. Meine Sehnsucht ist es, diesen Zustand schon auf der Erde erleben zu können. Ich glaube aber gleichzeitig, dass dieser Wunsch eine Sackgasse ist, ein Paradox. Die Lösung liegt in der Kunst: Mein lyrisches Ich kann ich diesen Zustand von Ewigkeit und Reinheit erleben lassen.

Und was macht der reale Maximilian Hecker, dem das Glück seines lyrischen Ich verwehrt bleibt?

Ich suche mein Glück. Ich will nicht behaupten, ich wäre erwachsen, und ich hätte alles verstanden. Deshalb weist der Album-Titel in die Zukunft: "I will be..." Ich strebe die Erkenntnis an. Ich versuche, Mensch zu werden, Erwartungen nicht zu hoch zu schrauben. Mich erwachsener zu zeigen, indem ich Freude an dem kleinen Glück und an Mitmenschen habe.

Du hast in Berlin Erfahrungen als Straßenmusiker gesammelt. Ist das ein undankbarer Job?

Es war ein Hobby als Alternative zum Rumlungern oder in die Disco gehen, nicht um Geld zu verdienen. Der Hackesche Markt war meine Probebühne. Ich habe immer aufgehört, zu spielen wenn die Leute stehen geblieben sind. Ich wollte frei sein, mittendrin aufhören können. Ich wollte da nichts leisten, sondern einfach Spaß haben.

Wie entstehen Deine Songs?

Ich improvisiere meist auf einem Klavier, probiere Harmoniefolgen aus und finde meist auch gleich eine Melodie, zu der ich singe. Irgendwann muß ich mich zwingen, einen Text zu schreiben. Der enthält selten Elemente aus dem ursprünglich Gesungenen, das sind eher Popsong-Klischee-Arbeitstexte. Manchmal aber bleiben auch die Arbeitstexte. Es ist oft das scheinbar Einfache, was manche Leute am meisten berührt.

Und was hälst Du von Liebesliedern?

Ich habe noch nie ein Lied über Liebe geschrieben; Liebe ist zu trivial. Es geht um die Erlösung.

Kann Liebe nicht Erlösung sein?

Liebe kann einen höchstens daran erinnern.

Es gibt das Klischee vom traurigen Clown ... Darf man im Umkehrschluß annehmen, Du bist privat ein Scherzkeks oder Optimist?

Ich kann durchaus ein Spaßvogel sein. Entgegen der Klischees ist das Kunstwerk oft das Gegenteil des Charakters des Künstlers. Ich fühle mich getrieben, ruhelos. Meine Musik kompensiert das, klingt entspannt, bereinigend, Ruhe ausstrahlend, wiegenliedartig. Insofern denke ich, dass Dj Ötzi eher trauriger ist als ich.

Du hast viele Fanclubs in Asien. Wie kommt's?

In Südkorea und Asien bringt je ein lokales Label meine Platten raus. Deren Interesse kam aus dem Blauen. Manchmal überlege ich, ob es etwas mit deren Kultur, dem Buddhismus zu tun hat, dass sie sich meinen Ideen näher fühlen.

Bist Du gern allein?

Ich bin ein typischer Einzelgänger. Das ist eine Flucht, eine bewusste Isolierung. Der Elfenbeinturm al ein Ort, an dem man zwar allein ist, aber eben auch nicht angreifbar. Aber mir dämmert die Erkenntnis, dass das wahrscheinlich der noch schwierigere Weg ist.