I’ll Be A Virgin ... CD

I’ll Be A Virgin, I’ll Be A Mountain

CD/LP, V2 Records 2006


Musikexpress: I’ll Be A Virgin, I’ll Be A Mountain

Für mich wird der Maxi Hecker immer der Junge in der Ritterrüstung bleiben. Zu eindrücklich waren vor fünf Jahren die Bilder des geharnischten Maximilian Hecker im "Polyester"-Video, als dass ich sie jemals vergessen könnte. Aber macht ja auch nichts. Lieber für immer der Junge in der Ritterrüstung, als, sagen wir, der Onkel auf dem Klapprad.

Auf seinem vierten Album hat sich Maximilian Hecker nun so dermaßen neu erfunden, dass man ernsthaft noch mal nachdenken sollte, ob nicht auch das Rad noch deutlich verbesserungswürdig ist. Nach drei Alben mit schaumig geschlagenem Kontemplationspop macht Maximilian Hecker jetzt nämlich Reggae. Und was für welchen! Zwölf Stücke lang wird hier getoasted und karibisch der Musikmuskel massiert, dass es... Nein, natürlich nicht! Auch auf seinem vierten Album macht Maximilian Hecker wieder das, was er am besten (und in Deutschland außer ihm keiner) kann: doppelt gezuckerten Torten-Pop mit Stil und schönen Eisblumenmelodien.

Es ist tatsächlich alles wie gehabt: Ein zartes Picking und die patentierte Hauchstimme eröffnen die Platte. "You dreamed I was your lover", säuselt der König des Mädchenpop. Doch Obacht: Warum noch mal hatte man in den letzten Monaten so wenig Hecker-Platten gehört? Richtig, weil sie einen gefährlichen Hang zur Eindimensionalität haben, die dann und wann so gar nicht mit der Vielschichtigkeit des eigenen Emotionshaushalts einhergehen mag. Maximilian Hecker ist das einigermaßen schnurz. Einigermaßen. Zwar schlägt er weiter schönsten Schaum, hat aber genug Ideen und Dreher im Angebot, um keine komatöse Stimmung aufkommen zu lassen.

Am besten ist er tatsächlich, wenn er das Bewährte variiert: Im etwas zupackender gespielten, Hammond-getragenen "Your Stammering Kisses" gibt er den Früh-70er-Balladier, der sich vor lauter Vogel-Metaphern kaum noch einkriegt. Bei "Velvet Son", das mit Ideen aus Dylans Elfminüter "Sad Eyed Lady Of The Lowlands" spielt, ist er stimmlich kaum wiederzuerkennen, kurz kommt Richard Ashcroft ins Bild gelaufen. Und bei "Silly Lily, Funny Bunny" tuten Sixties-Hörner und Klarinetten zum großen Schmelzkäseessen in der Après-Ski-Hütte der ewigen Rollkragigkeit.

Oft aber ist er auch einfach nur Maximilian Hecker. Der säuselnde Softpop-Prinz, dem zum Glück immer wieder eine schöne Melodie aus der Ritterrüstung purzelt. Und gerade in diesen Momenten fragt man sich wiederholt, warum um Himmels willen hierzulande mehr Menschen einem Blödelbarden und Songwriter-Imitator wie James Blunt zuhören wollen als einem sensiblen Stilisten wie Maximilian Hecker.

[5/6]