Neverheart CD

Neverheart

Digital, Blue Soldier Records, 2024


Aachener Zeitung

back Maximilian Heckers Arrangement-Gewitter

Was dem heldenhaft verklärten Nick Drake im England der späten 1960er-Jahre möglich war, ist Maximilian Hecker, der im Nordosten von Nordrhein-Westfalen, in Bünde, aufwuchs, erst recht gegeben: Lieder schaffen, die vor reizvollen Ambivalenzen zu bersten drohen. Gewaltig sind die zehn »Neverheart«-Songs nicht etwa der Arrangements wegen. Hecker setzt, ganz im Gegenteil aufs Verstörende der Ruhe. Engelsgleich besingt er, wie zig Musikschaffende vor ihm, die Liebe als große menschenverbindende Macht. Soweit so konventionell. Das Brüchige im dünnen Eis, auf dem jeder Romantiker ein Leben lang wandelt, verliert er derweil jedoch keineswegs aus dem Blickfeld. Man soll sich beim Zuhören nichts vormachen: Heckers »Neverheart« streift zwar gedanklich die literarische Figur Peter Pan, der vom schottischen Schriftsteller J.M. Barrie in »Neverland« ewige Jugend zugeschrieben worden war. Sie dient Hecker jedoch lediglich als Gedankenbrücke zum Austreiben jener Illusionen von Liebe, die Mörderstücke sind. Schlägt man sich auf ihre Seiten, schlagen sie zurück. Lieder wie Bilder des Impressionisten Monet bestimmen »Neverheart«. Hecker platziert sie in Musiklandschaften, die von der Schönheit des natürlichen Farbenspiels geprägt sind. Haben sie erst mal ins Staunen versetzt, entzieht er ihnen das Spektrum der Kolorierung und zeichnet die Umgebungen schwarz-weiß. Die vereinten Kräfte des Musikbalsams werden dann kratzig und verhaken sich in der Seele, die um Liebe fleht und doch alles dafür tut, sie abzuwenden. Hier und da, wie im episch wirkenden »Fall in Love, Fall Apart«, bricht die betörende Ruhe auf und lässt ein regelrechtes Arrangement-Gewitter zu. Allerdings nur, um als Ausnahme die gedämpfte Pianissimo-Regel zu bestätigen. Am Ende des Liederzyklus', wenn das Titelstück erklingt, hat sich die eigentliche Lehre der Platte längst ins Bewusstsein geschlichen: Unerwiderte Liebe und Einsamkeit entstehen nur, wenn man an die Liebe glaubt. Es nicht mit ihr zu versuchen, wäre jedoch töricht. Sie dient nämlich vor allem dazu, die Kunst des Selbstversöhnlichen zu entdecken. Trotz aller wiederkehrenden Widersprüche.