Neverheart CD

Neverheart

Digital, Blue Soldier Records, 2024


Guteshoerenistwichtig

back Am Herzen liegend: Maximilian Hecker – Neverheart

Was es bedeutet, wenn man jemanden mag. Wir lernen, wir merken und wir spüren uns, versichern uns. Was es bedeutet, sie, diese Liebe. Was es mit einem macht. Wie man sich dabei fühlt. Mit dem Wissen, da ist ein Mensch, Jemand, der ist nah dran, der liegt einem am Herzen. Maximilian Hecker ist so einer. Ein ganz besonderer, Künstler, Musiker, Mensch. Falsche Reihenfolge. Ein ganz besonderer Mensch. Mit der Fähigkeit, andere in seinen Bann zu ziehen. Zu fesseln. Dabei ist er so ein ruhiger, nicht nur aber auch oder gerade auf den ersten Blick stiller und eher in sich gekehrter Typ. »Polyester« hat es mir angetan. Ist fest in meinen Allzeit-Top-100-Songs. Könnt Ihr Euch vorstellen, wie schwer es ist, nur einhundert Lieder, die einem vieles, ja, alles bedeuten, die einen begleitet haben, es immer noch tun, die Wert haben, die Erinnerung bringen, diese einhundert Titel für sich zu finden, zu bestimmen? Traumgleich gleitet man durch die neuen Songs. Die schleichen von links nach rechts, von rechts nach links, die verharren, klingen nach, summen, brummen, stolpern, tänzeln. Man fühlt sich wie in einem Rausch, im warmen Fahrwasser, treibend. Die Geschichten ähneln sich. Das Leben geht weiter, man erlebt ja auch manche Dinge mehrmals. Oft allerdings ändern sich Kleinigkeiten. Die Perspektive. Manche Ansichten. Aber eines ändert sich nie. Das Sehnen, das Gefühl, das Hoffen und doch, das Wissen. »Neverheart«. Was wird er, wie wird seine Musik nur mit seltsamen, mehr oder weniger kreativen Worten beschrieben: »Meister des fragil-melancholischen Popsongs« beispielsweise (radio.eins), »Musik für empfindsame Jünglinge und Kassettenmädchen-kassetten« (faz). »Chronist der unerfüllten Liebe« (Rolling Stone). Man könnte das so unterschreiben. Man könnte aber einfach sagen, auch das neue Album (oder: und die Songs) des Maximilian Hecker schafft (oder schaffen) es, beim Erleben (oder: Hören, Eintauchen) in Gefühle zu investieren (oder: sich hineinzusteigern), die man sich gar nicht getraut hat, sich einzugestehen. Die man unerkannt schwelen liess, sich selbst überlassen, die unter Umständen mal an die Oberfläche gelangten, kurz, ein leiser, unterdrückter Schrei, ein letztes Winken vor dem (erneuten) Abtauchen. Er macht Musik, um sich selbst darzustellen. Seine Songs sind ein Spiegel, ein Blick ins Innere, ohne erhobenen Zeigefinger, ohne Hinweis, wie man das Hören erleben darf, wie man die Lieder einordnet – und wo. Ohne Ironie, dabei aber mit einem durchaus kritikfähigen Blick aufs eigene Leben, das persönliche Universum, zerlegt und immer wieder erlebt, wieder und wieder zusammengefügt. Kleine Änderungen sind erforderlich, die Zeit vergeht und man lernt nie aus und entwickelt sich, oft unmerklich, weil man so direkt bei sich ist, für Außenstehende aber durchaus spürbar, ja, hörbar. Bis auf diese Veränderungen jedoch ist es immer das Eine, immer das Gleiche, quasi, ein Song, immer und immer wieder, perspektivisch interpretiert, unvergesslich, unverzeihlich. Man hängt an seinen Lippen, sehnt nach seinem Worte sich, zieht sich, streckt sich, dehnt, lehnt sich erneut zurück, schließt die Augen, reißt die Augen auf, so viel Gefühl, das einem pianogetragen entgegentritt. Einen Ausbruch. »Fall in Love, Fall Apart«. Da wird es dann laut, also, für die genannten Umstände, in diesem geschlossenen Kreislauf der sich nie erfüllenden Liebe, nie, nie, nie verzweifelt, immer dabei und auch hinterher, da wird auf einmal ganz viel auf einmal hineingeschüttet, ein Sprudeln, ein Zischen, ein großes Rauschen, doch, sofort quasi wird zurückgenommen, es weniger, leiser, stiller. Es verändert sich nicht. Die Stille im Ton, der Ton mit der Stimme, die Stimme als Ergänzung des Tons, im Kreise drehend, frei, unabänderlich und voller Hoffnung, dabei wissend, so geht es nicht weiter, so kommt man nicht voran, so bleibt man, wo man ist, wie man ist. Alles fließt. Eine Bewegung, ein Fluß, das Tropfen des Regens, der schimmernde Sonnenschein, spiegelnd, Kaskaden aus Farben im Sonnenspiel, der Duft des Waldes, getragen. An die Hand genommen. Leicht, bewegt, bewegend. Dabei reglos, still. Fort, fortgeführt, fort von hier, fortan, in Ruhe gelassen, die gelassene Ruhe, entspannt. Come down. Calm down. Ein Herz das klopft ist ein Herz das lebt. In Stille, trauernder Alleinsamkeit, mit Tönen, mit Stimme, es bleibt dann doch beim Versuch, wie immer, wie immer wieder, kein Entgegenkommen, eher ein Laufen, stetig, uhrwerkgleich. Ein wundersamer Kampf gegen das Niemalsglück, auf der Suche.